In den kommenden Jahren soll auf der jetzt noch grünen Wiese in Weißensee ein neues Baugebiet entwickelt werden.

Im Füssener Ortsteil Weißensee soll ein neues Baugebiet entstehen. Doch die Pläne dafür stoßen im Stadtrat auf Kritik. Jetzt muss der Architekt nachbessern.

„Dann sind wir heute umsonst dagewesen.“ Die Ratlosigkeit stand Franz Arnold am Ende ins Gesicht geschrieben. Gut eine Stunde lang hatte der Memminger Architekt dem Stadtrat unlängst drei Varianten für ein neues Wohngebiet östlich des Baugebiets Pitzfeld in Weißensee vorgestellt und erklärt – nur, um am Ende mit leeren Händen dazustehen. Denn anstatt sich wie vorgesehen für eine der Varianten zu entscheiden, beauftragte das Gremium den Architekten damit, nachzubessern. Die Vorgaben allerdings blieben eher vage.

Klar war am Ende zumindest, dass die Ratsmitglieder eine dichtere Bebauung des Baugebiets „Oberkirch 4 – Pitzfeld Ost“ wünschen als von Arnold vorgelegt. Wie genau diese aussehen soll, blieb allerdings unklar. Außerdem beschloss das Stadtparlament, dass sich der Umweltbeirat mit der Energieversorgung des Neubaugebiets befassen soll. Immerhin erkannte der Rat den grundsätzlichen Bedarf an dem neuen Baugebiet in der Nähe der Weißenseer Festwiese an und sprach sich für dessen Entwicklung in voraussichtlich vier Bauabschnitten aus.

Mit dem von Arnold favorisierten Vorentwurf waren die Räte indes nicht zufrieden. Dieses sieht insgesamt 45 Gebäude vor. Davon sind 29 als Einfamilienhäuser geplant und nur eins als Mehrfamilienhaus. Die übrigen Gebäude sollen als Doppel- oder Kettenhäuser konzipiert werden. Die durchschnittliche Grundstücksgröße beträgt rund 520 Quadratmeter. Ferner ist im Süden des Baugebiets ein 525 Quadratmeter großer Spielplatz vorgesehen.

Vor allem die hohe Zahl an Einfamilienhäusern stieß bei den Stadträten auf Kritik. „Aus Sicht des Umweltbeirats ist das ein super Vorschlag – wenn wir den so vor zehn Jahren gehabt hätten“, sagte Dr. Martin Metzger (BfF) mit Blick auf den hohen Flächenverbrauch. „Heute geht das aber gar nicht mehr!“ Ähnlich argumentierten auch Ilona Deckwerth und Erich Nieberle von der SPD. Hinzu komme, so Metzger weiter, dass sich angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung und steigender Zinsen viele in Zukunft womöglich gar kein Einfamilienhaus mehr leisten können.

Poundbury als Vorbild?

Als nicht mehr zeitgemäß bezeichnete auch CSU-Stadtrat Dr. Christoph Böhm das Konzept. „So geht es überhaupt nicht“, sagte er und forderte neue Ideen. „Wenn Wohnungsnot herrscht, dann nehme ich jede Wohnung und nicht nur Einfamilienhäuser.“ Ganz konkret schlug er vor, sich an der britischen Modellstadt Poundbury zu orientieren, an der seit 1993 gebaut wird. Maßgeblich an dem Projekt beteiligt war der neue britische König Charles III., seinerzeit noch Price of Wales.

Das architektonische Gesamtkonzept von Poundbury basiert auf einer Ablehnung der Gestaltungsprinzipien der Moderne und orientiert sich an klassizistischer und traditioneller Architektur. Zum Konzept gehört, Sozialwohnungen und Privathäuser in einem kleinstädtischen Gefüge zu mischen, Grünflächen zu integrieren und die Ansiedlung harmonisch in die Landschaft einzufügen. Die Gebäude sollen sich in ihrer Größe an „menschlichem Maß“ orientieren. Durch schlichte, noble, maßvolle und abwechslungsreiche Gestaltung soll zudem das Aussehen modernen sozialen Wohnungsbaus vermieden werden.

Trotz der Kritik der Stadträte sind aber Einfamilienhäuser offenbar genau das, was von den Interessenten gewünscht wird, wie Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU) betonte. „Wir schauen auf die Wohnraumbedarfsanlayse“, sagte er. „Und das ist genau der ermittelte Bedarf und entspricht auch den Anfragen.“

Bereits jetzt gebe es 90 Vorbewerbungen, wovon 95 Prozent wegen Einfamilienhäuser angefragt hätten. „Doppelhäuser kommen für viele nicht infrage.“ Wegen der derzeit angespannten wirtschaftlichen Lage plane die Verwaltung ohnehin, dass das Baugebiet in voraussichtlich vier Bauabschnitten entwickelt wird. „Das Gebiet kann sukzessive in den nächsten Jahren für Einheimische verkauft werden“, sagte er.

Mit dem Beginn der Bauarbeiten rechne er ohnehin nicht vor Herbst 2024. „Wenn wir jetzt entwickeln, heißt das ja noch lange nicht, dass wir im Frühjahr auch verkaufen können.“ Gleichwohl gab auch dem Architekten mit auf den Weg: „Einfach noch ein bisschen kreativer in der Ausarbeitung werden!“

Arnold verteidigte indes seinen Entwurf und verwies darauf, dass nicht alle Einfamilienhäuser auch automatisch nur von einer Familie bewohnt werden müssen. In jedem Einfamilienhaus könne eine Einliegerwohnung, etwa für die Großeltern, eingerichtet werden. „Jedes Einfamilienhaus ist ein potenzielles Zweifamilienhaus“, betonte er. Zudem scheitere der Bau von zusätzlichen Mehrfamilienhäusern an der „harten“ Stellplatzsatzung der Stadt, so der Memminger Architekt.

Mit Blick auf die Energieversorgung erklärte Jürgen Doser von den Freien Wählern, dass eine ins Spiel gebrachte gemeinsame Energieversorgung durch eine Biogas- oder Hackschnitzelanlage bei einer schrittweisen Entwicklung des Baugebiets wenig Sinn mache. Besser seien Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen.

 

Bericht: Matthias Matz, KB Füssen
Foto: Google Maps

Wir danken dem Kreisbote Füssen für die freundliche Überlassung des Beitrages.