Im Weidach hatte die Stadt Füssen die wenigen Grundstücke binnen Windeseile verkauft – zur Anwendung kam dabei erstmals ein Vergabemodell nach Punkten. Auch künftig soll es feste Kriterien bei der Vergabe von Grundstücken geben.

Stadtrat zurrt Eckdaten einer Strategie zur Vergabe von Bauland und Wohnungen fest. Wie man Investoren künftig stärker in die Pflicht nehmen möchte.

Wie möchte die Stadt Füssen künftig dem akuten Mangel an bezahlbarem Wohnraum gerecht werden? Die Antwort auf diese Frage ist alles andere einfach. Das zeigt sich schon daran, dass ein Strategiepapier von Verwaltung und Politikern dazu ganze vier Seiten umfasst. Dabei geht es nach Ziffern von eins bis zehn nur um Grundsätzliches. Nötig waren dafür dennoch lange und intensive Beratungen. Hauptamtsleiter Peter Hartl stellte das Ergebnis jetzt im Stadtrat vor. Es soll als Vorbereitung dienen für einen Grundsatzbeschluss, den das Gremium erst noch fällen muss. Dafür gab es jetzt einstimmig grünes Licht.

Im Kern sollen neue Investoren, aber auch die Stadt selbst zu einer Sozialgerechten Bodennutzung verpflichtet werden. Das heißt konkret: Will ein Investor künftig neue Wohnungen in der Stadt bauen, soll er verpflichtet sein, die Hälfte des Baulands an die Kommune zu veräußern. Oder er unterwirft sich freiwillig den städtische Vergaberichtlinien. „Gelten wird das für den Außenbereich“, erklärte Hartl. Also überall dort, wo es noch keinen Bebauungsplan gibt. Etwa außerhalb zusammenhängender Wohngebiete.

Dort, wo es bereits solche Regelwerke gibt, pocht die Stadt auf einer Quote von einem Drittel. „Voraussetzung: Es wird zusätzlicher Wohnraum geschaffen“, sagt Hartl.

Doch wer sind die Menschen, die die Stadt mit ihrer Strategie begünstigen will? „Dabei geht es um Bürger, bei denen wir besondere Wohnraumversorgungsprobleme ausgemacht haben“, sagt der Hauptamtsleiter. Etwa Familien mit Kindern, Menschen mit Beeinträchtigungen, aber auch Seniorinnen und Senioren. Und ganz wichtig: Einheimische. Hier habe sich besonders unter den einkommensschwachen, kinderreichen Familien eine prekäre Situation ergeben. „Das ist belastbar belegt“, sagt Hartl.

Die Stadt befürchtet längerfristig eine einseitige Bevölkerungsstruktur oder gar Abwanderung – bis hin zu einer Ghettobildung in bestimmten Vierteln. Ein Szenario, das um jeden Preis vermieden werden soll.

Bei der Vergabe städtischer Baugrundstücke im Weidach waren zuletzt nur neun von hundert Bewerbern zum Zug gekommen. Nach welchen Regeln so etwas künftig ablaufen soll, bestimmt ein Vergabemodell. Es umfasst weitere 13 Seiten. Anhand festgelegter Kriterien werden Interessenten in einer Tabelle gelistet, nach der Grundstücke und Wohnungen dann vergeben werden. Darauf hatten sich die Kommunalpolitiker bereits in Beratungen verständigt.

Ganz grundsätzlich lobte Hartl die „konstruktive und in eine Richtung gehende“ Zusammenarbeit von Stadtrat und Verwaltung in dieser Frage. Nicht umsonst fiel der Beschluss in dieser besorgniserregenden Frage einstimmig.

Einige Nachfragen aus den Reihen der Kommunalpolitiker gab es aber trotzdem: So wollte Thomas Scheibel (Freie Wähler) wissen, wie starr die Regelungen zu verstehen sind. „Wir müssen ja auch an die Oma denken, die ihr Einfamilienhaus für eine Einzimmerwohnung verkaufen will“, sagte er. Diese komme womöglich über ein solches Vergabemodell nicht zum Zug. Und das obwohl sich in solchen Fällen auf dem Wohnungsmarkt eine enorme Hebelwirkung ergeben könnte. „Wir geben bloß eine Wohnung her und kriegen ein ganzes Haus“, erklärte Scheibel. Hartl entgegnete: Der vorzubereitende Grundsatzbeschluss erlaube durchaus Sonderregelungen. Im Einzelfall könne es zudem Zugeständnisse an einen Investor geben. „Der muss natürlich auch wirtschaftlich agieren können“, sagte Hartl.

Christine Fröhlich (Freie Wähler) unterstrich die aus ihrer Sicht dringend notwendig Schaffung neuer Mietwohnungen. „Da müssen wir auch mit Genossenschaften zusammenarbeiten“, forderte sie.

Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU) verwies dabei jedoch gleich auf die Projekte in der Ziegelwies und der Floßergasse, wo Entsprechendes geplant sei.

Auch im neuen Baugebiet im Weidach werde der größte Teil Mietwohnungen sein, sagte Hartl. „Wer die baut und wer sie bekommt, dafür dienen das Vergabemodell und der Grundsatzbeschluss, den wir vorbereiten.“

Bericht & Foto: Benedikt Siegert, AZ Füssen