Durch den Verzicht auf den großzügigen Ausbau des Prinzregentenkreisverkehrs will die Stadt über vier Millionen Euro einsparen. Allerdings ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein

Die finanzielle Lage der Stadt ist desaströs. Daran ließen Bürgermeister und Kämmerer in der Bürgerversammlung keine Zweifel.

Wäre die Stadt eine Firma, hätte sie längst Insolvenz anmelden und schließen müssen. Diesen Vergleich mit der freien Wirtschaft zog Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU) am Mittwochabend in der Bürgerversammlung im „Haus der Gebirgsjäger“ gleich mehrmals.

Kein Wunder, schließlich war die verheerende Finanzsituation der Kommune das beherrschende Thema der ersten Präsenz-Bürgerversammlung seit 2019.

15 Millionen Euro neue Schulden alleine in diesem Jahr, ein Schuldenberg in Höhe von 37 Millionen Euro im Kernhaushalt zum Ende des Jahres: Die finanzielle Lage der Stadt prekär zu nennen, wäre noch untertrieben. Zumal alle Zukunftsprognosen noch düsterer sind.

So geht die Kämmerei von bis zu 82 Millionen Euro Schulden im Kernhaushalt bis Ende 2025 aus. Oben drauf kommen noch rund 20 Millionen Euro an Verbindlichkeiten durch die städtischen Eigenbetriebe wie die Stadtwerke oder Füssen Tourismus- und Marketing (FTM). Schon jetzt können sämtliche Ausgaben nur über Kredite finanziert werden – und das bei steigenden Zinsen.

„Wir stehen an der Wand. Wir sind ein insolventes Unternehmen“, beschrieb Bürgermeister Maximilian Eichstetter am Mittwochabend vor etwa 50 Bürgern im „Haus der Gebirgsjäger“ die Situation schonungslos. „Jedes Unternehmen wäre längst weg“, machte er unmissverständlich klar.

Keine neuen Schulden mehr aufzunehmen sei jedoch nicht möglich, sagte er und verwies auf verschiedene Großprojekte wie die Sanierung der Grund- und Mittelschule oder den Neubau der Kindertagesstätte St. Gabriel. „Ein Schuldenstopp ist gar nicht möglich!“

Mit Spannung blicken Eichstetter sowie Hauptamtsleiter Peter Hartl und Kämmerer Thomas Klöpf deshalb nach München. Dort soll am heutigen Freitag der Verteilerausschuss des Bayerischen Landtags über die Gewährung sogenannter Stabilisierungshilfen für die Lechstadt entschieden werden. Diese hat, wie bereits mehrfach in unserer Zeitung berichtet, 12,8 Millionen Euro an Unterstützung durch den Freistaat Bayern beantragt.

„Wir erhoffen uns einen gewissen Geldsegen“, sagte Kämmerer Klöpf am Mittwochabend im „Haus der Gebirgsjäger“. Er machte jedoch auch klar, dass die Stadt dadurch nicht einen Euro mehr in der Kasse haben werde. Vielmehr sollen die Hilfen – sofern sie gebilligt werden – der Stadt bei Tilgung von Schulden helfen.

Das gilt übrigens auch für den Schweizer-Franken-Kredit, der die Stadtkasse belastet. „Die tilgen quasi direkt Kredite“, erklärte Klöpf. Demnach könne die Kommune diese Schuldentilgungszuschüsse drei Jahre in Folge beantragen. Danach seien womöglich auch Investitionskostenzuschüsse drin.

Bürgermeister Eichstetter verwies ferner auf das heuer im Sommer beschlossene Haushaltskonsolidierungskonzept, das 123 Einzelmaßnahmen beinhalte. Dadurch sollen heuer rund 2,8 Millionen Euro, im kommenden Jahr rund 7,1 Millionen Euro, 2024 etwa 3,7 Millionen Euro und 2025 ca. 2,4 Millionen Euro eingespart werden, berichtete er.

So habe der Stadtrat beispielsweise jüngst bei der Sanierung der Grund- und Mittelschule Einsparungen von 3,7 Millionen Euro beschlossen oder den Umbau des Prinzregentenkreisverkehrs auf ein Minimum reduziert. Auch beim Neubau von St. Gabriel seien die Neubaupläne bereits um ein Volumen von rund 2,5 Millionen Euro abgespeckt worden. „Wir müssen kürzen, dass es nur so scheppert“, so der Verwaltungschef.

Viele Fehler

Gleichzeitig sollen auf der anderen Seite die Einnahmen verbessert werden. Für die Bürger bedeutet das höhere Gebühren, Vereine müssen mehr Pacht für die von ihnen genutzten Sportstätten bezahlen und Mieter städtischer Liegenschaften mittlerweile die Nebenkosten übernehmen, was bisher nicht der Fall gewesen sei.

Ohnehin seien viele Probleme jahrelang nicht angegangen worden. Allein bei den städtischen Liegenschaften sei ein Sanierungsstau in Höhe von 18 Millionen Euro in den vergangenen Jahren aufgelaufen, blickte Eichstetter zurück.

Dazu kommen 142 Beanstandungen durch den Kommunalen Prüfungsverband, wovon 90 Prozent aus den Jahren 2004 bis 2018 resultieren. Von diesen Altfällen müssten noch etwa 60 Prozent aufgearbeitet werden. „Das wird noch viele Jahre dauern“, befürchtete er.

Nicht auszuschließen sei beim Aufarbeiten der Vergangenheit auch, dass es noch teurer wird. Aber: „Der Stadtrat wusste von diesen Beanstandungen teilweise gar nichts.“

Hinzu kämen weitere teure Versämnisse wie die Verpachtung städtischer Parkplätze an das Unternehmen APCOA, die die Stadt viel Geld koste. „Natürlich sind in der Verganghenheit viele Fehler gemacht worden.“

Ausgaben kürzen

Noch deutlicher machte Kämmerer Klöpf das Problem: „Unser laufender Betrieb erwirtschaftet keinen Überschuss“, betonte er. Deshalb dürfe die Kommune nicht nur Gebühren erhöhen, sondern müsse auch ihre freiwilligen Leistungen und damit ihre Ausgaben kürzen. „Da wird irgendwie jeder von betroffen sein“, schwor er die Anwesenden auf harte Zeiten ein.

Denn die Rahmenbedingungen für die Kommune werden sich im kommenden Jahr noch erheblich verschlechtern. So werden ab 2023 für Städte und Gemeinden voraussichtlich drei Prozent Zinsen auf ihre Kredite fällig. Bei 15 Millionen Euro Neuverschuldung in diesem Jahr bedeute das eine Zinslast von fast einer halben Million Euro, die den Verwaltungshaus zusätzlich belasten wird, rechnete er vor.

Ferner sei von einer deutlichen Tariferhöhung im öffentlichen Dienst im kommenden Jahr auszugehen, die die Stadt ebenfalls stemmen müsse.

Bericht & Foto: Matthias Matz, KB Füssen

Wir danken dem Kreisbote Füssen für die freundliche Überlassung des Beitrages.