Wie geht es mit dem Familienstützpunkt in Füssen weiter? Der Stadtrat will künftig eine Miete plus Nebenkosten für die Räume in der neuen Kindertagesstätte im Weidach verlangen. Bislang war der AWO-Ortsverein als Träger nur zur Zahlung der Nebenkosten bereit.

Für die Räume des Familienstützpunktes in Füssen wird eine Staffelmiete vorgeschlagen. Bislang hatte die AWO nur die Zahlung aller Nebenkosten in Aussicht gestellt. Steht die Einrichtung jetzt vor dem Aus?

„Was werden hier eigentlich für Vertragswerke von der Stadt Füssen geschaffen? Da lacht sich ja jeder Rechtsanwalt tot in einer Verhandlung.“ Wie Niko Schulte (Füssen-Land) konnten auch andere Ratsmitglieder nicht immer eine tiefere Sinnhaftigkeit in den bisherigen Vereinbarungen rund um den Familienstützpunkt (FSP) erkennen. Das Kommunalparlament folgte am Dienstagabend daher mit großer Mehrheit dem Wunsch von Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU), der das „Vertragswerk auf richtige Beine stellen“ wollte. Das beinhaltet aber auch, dass die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Füssen-Schwangau als Trägerin des FSP künftig eine Miete zahlen soll. Bedeutet dies das Aus für die Trägerschaft durch die AWO? Sie könne den Beschluss ad hoc nicht bewerten, teilte die erkrankte Vorsitzende Brigitte Protschka auf Nachfrage mit: „Wir werden als Träger die Einrichtung aber nicht aufgeben und eine für beide Seiten tragbare Lösung finden.“

Wie mehrfach berichtet, drängen Stadtrat und Verwaltung seit geraumer Zeit darauf, dass die AWO Mietzahlungen für den neuen Stützpunkt im Weidach zahlen soll, der laut Bürgermeister gut 900.000 Euro gekostet hat. Die AWO Schwaben hatte eigentlich angeboten, die Räume für fast 650.000 Euro als Teileigentum zu erwerben. Doch dazu kam es nicht. Warum? „Letztlich war es im beiderseitigen Einvernehmen“, teilte Hauptamtsleiter Peter Hartl nur mit. Er sei aber bei den Gesprächen nicht dabei gewesen.

In den alten Räumen in der Spitalgasse hatte die Stadt Füssen die Miet- und Nebenkosten komplett getragen. Die AWO musste nur „alle einmaligen und laufenden Sachkosten übernehmen“, wie es in einer E-Mail der Stadtverwaltung aus dem Jahr 2016 heißt. Im 20-seitigen Mietvertrag für die neuen Räume im Weidach war von Anfang an eine Kaltmiete von 1750 Euro genannt (plus 500 Euro Nebenkosten-Vorauszahlung), doch heißt es etliche Paragrafen später: Die tatsächliche Mietzahlung ergebe sich aus der Kooperationsvereinbarung zum Familienstützpunkt, die der Landkreis Ostallgäu, die Stadt und die AWO geschlossen haben. Und dort steht: Der Träger und die Gemeinde übernehmen in Kooperation die Kosten für die Ausstattung des FSP sowie alle einmaligen und laufenden Raum- und Sachkosten des FSP. Wie genau die Verteilung aussieht, ist bei diesem Punkt indes nicht geregelt. Die AWO habe sich von Anfang an bereit erklärt, alle verbrauchsabhängigen Nebenkosten zu zahlen, sagten Eichstetter und Hartl. Mittlerweile will sie auch die anderen Nebenkosten tragen, aber nicht mehr.

Aufgrund der Regelung in der Spitalgasse sei die AWO der Auffassung, dass sie keine Miete zahlen müsse, sagte der Bürgermeister. Doch könne man die Situation nicht mit der in der Spitalgasse vergleichen. Denn: „Die Stadt Füssen ist nicht in der Lage, für 900.000 Euro ein Gebäude zu bauen und es dann kostenfrei zur Verfügung zu stellen.“ Allerdings wolle man auch nicht 1750 Euro Kaltmiete haben, denn man wisse, dass man die AWO damit überfordere.

Einen Teil der Kaltmiete müsse die Stadt übernehmen, forderte auch Christine Fröhlich (Freie Wähler). „Wir wollen die AWO nicht zugrunderichten“, sagte Dritter Bürgermeister Wolfgang Bader (Bader), der Verhandlungen mit dem Ortsverein über die Miethöhe forderte. Für eine „moderate Miete“ sprach sich auch Barbara Henle (CSU) aus. Viele Redner hätten die Wichtigkeit des FSP für Füssen unterstrichen, sagte Ilona Deckwerth (SPD): Doch mit Mietforderungen werde man der AWO „den Hals abschnüren“. Bei der Schaffung des FSP sei es Grundvoraussetzung gewesen, dass die Stadt Räume zur Verfügung stelle. Daher forderte sie einen Mietverzicht. Doch dafür fand sie keine Mehrheit: Bei nur drei Gegenstimmen beschloss der Stadtrat ein Modell mit einer Staffelmiete: In den Jahren 2023/24 sollte die AWO 350 Euro Kaltmiete pro Monat zahlen, 2025 dann 500 Euro und 2026 700 Euro. Voraussetzung für diese geminderte Miete sei allerdings, dass der jetzt laufende Mietvertrag durch beide Parteien einvernehmlich zum 1. März 2023 aufgelöst und zu den genannten Konditionen neu vereinbart werde. Andernfalls werde die Stadt ab Januar 2024 eine Kaltmiete von 700 Euro erheben.

Die Verwaltung drückte dann auch gleich aufs Gas: Am Tag nach der Sitzung, also am 1. März, erhielt die AWO-Vorsitzende Protschka bereits ein Schreiben der Kommune, in der die einvernehmliche Auflösung des Mietvertrags gewünscht wurde. Diesen Wunsch werde sie „gerne prüfen“ – in Abstimmung mit den AWO-Verbänden, sagte Protschka.

„Wir wollen wirklich eine Lösung finden. mit der beide Seiten leben können. Aber ich bin bereit, auch zu kämpfen.“

AWO-Vorsitzende Brigitte Protschka

Bericht: Heinz Sturm, AZ Füssen
Symbolbild: Pixabay

Wir danken der AZ Füssen für die freundliche Überlassung des Beitrages.