Die Parkplätze auf der Morisse und an der Achmühle sowie die Sparkassen-Tiefgarage sind für die Stadt ein Millionen-Grab.

Fehleinschätzungen und Missmanagement: Warum Füssen finanziell so desaströs dasteht

In drei Jahren wird die Stadt Füssen auf einem Schuldenberg von wohl 92 Millionen Euro sitzen. Warum das so ist, zeigt ein Blick in die Vergangenheit.

Als die Stadt 1921 das Oberseebad eröffnete, hatte der damalige Bürgermeister Adolf Moser mit Blick auf die städtischen Finanzen wohl das, was Freie-Wähler-Fraktionsvorsitzende Christine Fröhlich heute als „Bauchgrummeln“ beschreibt. So hielt Moser seinerzeit fest, dass die finanziellen Aufwendungen für das Naturbad der Stadt sehr schwer gefallen sind.
Diese Episode aus der Vergangenheit veranschaulicht exemplarisch, warum die Stadt Füssen derzeit nicht handlungsfähig ist und in drei Jahren auf einem gigantischen Schuldenberg von voraussichtlich 92 Millionen Euro hocken wird: Zum einen ist die Stadt seit jeher chronisch klamm, zum anderen hat sie sich dennoch schon immer Projekte gegönnt, die sie sich eigentlich gar nicht hätte leisten dürfen.Wie es überhaupt zur aktuellen desaströsen finanziellen Situation der Stadt (der Kreisbote berichtete mehrfach ausführlich) kommen konnte, hat Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU) mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung aufgearbeitet. „Wir haben in den letzten Monaten starke Wirtschaftshistorik betrieben“, so Eichstetter gegenüber unserer Zeitung.

Stadt hat nur selten Fördermittel genutzt

Das Ergebnis: „Die Ursachen für die Haushaltslage liegen der bestehenden Geschichte der Stadt Füssen zugrunde“, erklärt der Bürgermeister. „Solange es Dokumentationen zu Investitionen gibt, gibt es zugleich die Kommentare wie ‚unter schwersten finanziellen Nöten‘“. Hauptgrund dafür ist nach Recherchen des Bürgermeisters, dass die Stadt nur sehr selten ihr zustehende Fördermittel genutzt hat. Als Beispiele dafür nennt er den Bau des Luitpoldkreisels, des Kreisverkehrs in der Ottostraße, den Bau der Fußgängerzone, des Kurhauses oder des Pumpbrunnens mit Hochbehälter an der „Lushalde“.

Hinzu kommt, dass viele Entscheidungen, die seit 1970 von Eichstetters Vorgängern getroffen wurden, die Stadt noch heute und in den kommenden Jahren viel Geld kosten werden. „30 Prozent unserer Arbeitszeit beinhaltet Altlasten aufarbeiten“, berichtet der Verwaltungschef. So ist allein für den Kurhausbetrieb (Kurhaus und Haus Hopfensee) bis Ende 2017 ein Defizit von 14 Millionen Euro aufgelaufen. Den 2008 für den städtischen Eigenbetrieb aufgenommenen Kredit in Schweizer Franken (CF) stottert die Kommune noch heute ab.

Fass ohne Boden

Für den erforderlichen Grunderwerb sowie den Bau des Hallenbades zahlte die Stadt 1976 umgerechnet knapp 5,6 Millionen Euro. Beim Verkauf 2009 erhielt sie aber 1,8 Millionen Euro weniger. Als Fass ohne Boden hat sich auch der Bundesstützpunkt mit seinen Eishallen entpuppt, der die Stadtkasse allein zwischen 2010 und 2020 6,5 Millionen Euro an Unterhalt gekostet hat. Zusätzlich mussten in den vergangenen beiden Jahren, wie mehrfach berichtet, über 2,3 Millionen Euro in die Sanierung gesteckt werden. Reparaturarbeiten für weitere 4,7 Millionen Euro sind laut Eichstetter bereits angemeldet.

Etwa drei Millionen Euro hat die Kommune in der Vergangenheit zudem im Zuge fragwürdiger Swap-Geschäfte in den Sand gesetzt, wobei die Chancen jedoch gut stehen, dass das Bankhaus Hauck & Aufhäuser den Schaden wird ersetzen müssen. Insgesamt beläuft sich der Streitwert zwischen Stadt und Bank auf rund 5,5 Millionen Euro.

Bis ins Jahr 1998 zurück gehen die Verluste, die die Parkplätze Morisse, Achmühle und Sparkassen-Tiefgarage „erwirtschaften”. Diese betragen laut Eichstetter mittlerweile unterm Strich 7,5 Millionen Euro. Von der Stadt auszugleichen sind davon noch rund 3,8 Millionen Euro. „Bis 2004 sind die Verluste bereits ausgeglichen, die Jahre 2004 bis 2017 folgen in den nächsten 13 Jahren“, rechnet der Rathauschef vor.

Obendrein muss die Stadt der Firma Apcoa seit 1999 jährlich rund 660.000 Euro für die Bewirtschaftung der drei Parkierungsanlagen zahlen. Entsprechende Verträge laufen noch bis 2026, erst danach können und sollen die drei Parkplätze wieder von der Stadt bewirtschaftet werden (der Kreisbote berichtete). „Bedeutet: seit 1999 jedes Jahr einen Hopfener Radweg“, veranschaulicht Eichstetter. „Das sollte man sich auch mal vor Augen halten.“

Stadt lässt Geld liegen

Neben den aufgeführten kostspieligen Großbaustellen, die vornehmlich den Vermögenshaushalt belasten, ließ und lässt sich die Stadt aber auch großzügig Einnahmen für ihren Verwaltungshaushalt entgehen. So mahnt die Rechtsaufsicht am Landratsamt schon seit Jahren höhere Gebühren an. Dazu zählen vor allem die Wasserversorgung, die kommunalen Parkplätze, Museen, Bibliothek, Sing- und Musikschule oder das Markt- und Bestattungswesen. „Der gesamte Zuschussbedarf liegt trotz regelmäßiger Anmerkungen in den vergangenen Haushaltsgenehmigungen immer noch entsprechend hoch“, heißt es dazu im aktuellen Haushalts-Vorbericht.

Zwar wurde in der jüngeren Vergangenheit bereits an der ein oder anderen Stellschraube gedreht, „dennoch belasten die teilweise nicht unerheblichen Defizite die Haushaltslage der Stadt weiterhin in bedenklicher Weise.” Oder wie es unlängst Stadtrat Niko Schulte (Füssen-Land) im Haupt- und Finanzausschuss sagte: „Unser Problem ist nicht der Vermögens-, sondern der Verwaltungshaushalt!“

Nun ist nicht die Zeit des Jammerns, sondern Ärmel hochkrempeln und gemeinsam weiterhin mit Vollgas nach vorne“

Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU)

Auf den Prüfstand sollen deshalb nun auch etwa die Leistungen der Stadtwerke, wo analog zum Bauhof eine Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt werden soll. Allein dadurch erhofft sich die Stadtverwaltung künftig jährliche Mehreinnahmen von über 150.000 Euro. Wasser- und Abwassergebühren sollen zum gegebenen Zeitpunkt ebenfalls neu kalkuliert, sprich erhöht werden. Denn heuer und im vergangenen Jahr wird die Abwasserbeseitigung einen Verlust einfahren.

Bürgermeister Eichstetter macht sich indes nichts vor, dass die Ordnung und Sanierung der städtischen Finanzen einer Herkulesaufgabe gleich kommt, die etwa zehn bis 15 Jahre dauern wird. „Der hohe Schuldenstand war unter anderem einer der Gründe, warum ich mich um die Stelle als Bürgermeister beworben hatte.“ Er sei zuversichtlich, in den kommenden fünf bis zehn Jahren „deutliche Verbesserungen“ zu erreichen. „Nun ist nicht die Zeit des Jammerns, sondern Ärmel hochkrempeln und gemeinsam weiterhin mit Vollgas nach vorne“, so Eichstetter.

Bericht & Foto: Matthias Matz, KB Füssen

Wir danken dem Kreisbote Füssen für die freundliche Überlassung des Beitrages.