Der Randbereich des Dreitannenbichls im Füssener Westen wird entgegen ersten Überlegungen nicht bebaut. Allerdings will eine Stadtratsmehrheit auf einem Grundstück mit Baumbestand (links) ein Mehrfamilienhaus ermöglichen.

Streitfall Dreitannenbichl: Eine Mehrheit im Füssener Stadtrat will ein Grundstück für einen Wohnblock verkaufen. Dagegen sind ursprünglich geplante Neubauten im Hangbereich vom Tisch. Bürger sprechen von „Heimatverrat“.

Nach einer kontroversen Debatte hat der Füssener Stadtrat den Weg frei gemacht für ein umstrittenes Bauprojekt: Am Dreitannenbichl könnte demnach ein Mehrfamilienhaus entstehen, beschloss das Gremium mit 15: 8 Stimmen. Vom Verkauf des Grundstücks erhofft sich die finanziell marode Stadt 800.000 Euro. Die früher angedachten Reihenhäuser im Hangbereich des Bichls sollen dagegen nicht realisiert werden. Bei Bürgerinnen und Bürgern stößt das Votum für ein „Hochhaus“, wie es Evelyn Vesenmayer vom Verein Füssen-West formuliert, weiter auf Widerstand. Vorläufig werden sie aber nicht aktiv: „Wir warten ab, bis ein Bauplan eingereicht wird“, sagt Vesenmayer.

Im Sommer waren die Überlegungen der Stadt für einen Wohnblock und Reihenhäuser am Dreitannenbichl öffentlich geworden – und sofort auf Widerstand im Füssener Westen gestoßen (wir berichteten). Bürger wollten den Bichl – laut Vesenmayer ein Drumlin aus der Eiszeit – als grünes Kleinod schützen. Bei zwei Ortsterminen mit Vertretern der Stadt kam es zu teils sehr emotionalen Debatten.

Wie sehr die Stimmung noch immer aufgeheizt ist, zeigte sich vor der Stadtratssitzung am Dienstagabend. Unter den Westlern, die im Rathaus erschienen waren, machten Begriffe wie „Heimatverrat“ die Runde. Denn auf Antrag der Fraktion Füssen-Land sollte abschließend über das Projekt entschieden werden, nachdem das Kommunalparlament Ende Juli beschlossen hatte, die Entscheidung über die weitere Vorgehensweise zunächst zurückzustellen. Vor allem ging es der Fraktion um das Mehrfamilienhaus. Denn ein „hoher Bedarf an Wohnraum, insbesondere geeigneter Wohnraum für Familien, ist weiterhin vorhanden“. Zudem verwies Füssen-Land auf die Einnahmen aus den möglichen Verkäufen der städtischen Grundstücke, die für die Haushaltskonsolidierung dringend erforderlich seien.

Auf die Debatte über diesen Antrag hätten die Westler indes lange warten müssen: Sie war erst als zwölfter Tagesordnungspunkt vorgesehen. Erich Nieberle (SPD) wollte den Bürgern eine lange Wartezeit ersparen – auf seinen Antrag hin wurde die Debatte gleich zu Beginn der Sitzung geführt.

Für Füssen-Land machte Niko Schulte deutlich, dass man das Grundstück für ein Mehrfamilienhaus – es liegt zwischen den Neubauten an der Borhochstraße und einem neunstöckigen Hochhaus – als Baulücke betrachte. „Es ist ein bebaubares Grundstück“, das Landratsamt halte einen siebenstöckigen Neubau für möglich. Seine Fraktion plädiere aber für eine Höhenentwicklung wie beim Mehrfamilienhaus Borhochstraße 6d, also niedriger. Kritischer könne man die geplanten Doppel- und Reihenhäuser im Hangbereich des Dreitannenbichls beurteilen, räumte Schulte ein. Der Stadtrat müsse indes endlich eine Entscheidung treffen, „damit unser Kämmerer weiß, was er in den Haushalt reinschreiben kann“.

Widerspruch kam von den Freien Wählern: Es seien noch viele Fragen zu klären, sagte Christine Fröhlich. Etwa, was genau auf den Grundstücken entstehen könnte, und wie groß der Eingriff in die Landschaft sei. Jürgen Doser verwies auf die Baugebiete im Weidach und in Weißensee, die man gerade entwickle: Hier habe man sich verständigt, die Grundstücke abschnittsweise zu verkaufen, da nur wenige Einheimische derzeit eine Baufinanzierung stemmen könnten. Daher müsse man jetzt kein neues Fass aufmachen, befand Doser: „Dieser Antrag kommt zur Unzeit.“ Das meinte auch Thomas Scheibel, der auf die massiv gestiegenen Baukosten verwies. Die SPD konnte mit dem Projekt ebenfalls wenig anfangen: Man benötige zwar dringend bezahlbaren Wohnraum, sagte Erich Nieberle: „Aber an dieser Stelle schaffen wir bestimmt keinen bezahlbaren Wohnraum.“ Auch das Mehrfamilienhaus könne man nicht akzeptieren, da es nicht mit dem nachbarschaftlichen Rücksichtnahmegebot vereinbar sei.

Die Grünen hingegen konnten mit dem Wohnblock leben, da es sich hier um eine Nachverdichtung handele, wie Dritter Bürgermeister Wolfgang Bader sagte. Seine Fraktion lehne hingegen eine Bebauung am Rand des Dreitannenbichls ab. Bürgermeister Maximilian Eichstetter sah aufgrund der Topografie auch keine Chance mehr für die Doppel- oder Reihenhäuser. Mehrheitlich sprach sich der Stadtrat daher für das Mehrfamilienhaus aus, der Hangbereich am Dreitannenbichl soll hingegen nicht verkauft werden.

Gegen das „Hochhaus“ will man vorgehen, sobald ein Bauantrag vorliegt, kündigte Evelyn Vesenmayer an. Sie selbst könnte nur Reihenhäuser auf diesem Grundstück akzeptieren.

Bericht: Heinz Sturm, AZ Füssen
Foto: Google-Maps

Wir danken der AZ Füssen für die freundliche Überlassung des Beitrages.