Für die Stadt Füssen drängt die Zeit immer mehr, einen tragfähigen Haushalt für das laufende Jahr aufzustellen. Klar ist schon jetzt: Für größere Projekte wird sie künftig nur noch Geld haben, wenn sie ran geht an ihr Tafelsilber.

Die Sorgenfalten auf der Stirn der Füssener Kommunalpolitiker werden tiefer und tiefer. Denn auch zwei Wochen, nachdem erstmals öffentlich über die düstere Haushaltslage debattiert wurde, ist klar: Die Ausgangslage wird sich nicht merklich verbessern. Zwar hat die Verwaltung so massiv an den Ausgaben gekürzt, dass sich die Neuverschuldung inzwischen reduziert hat. „Alle Mitarbeiter durchpflügen geradewegs jede einzelne Kostenstelle, um nochmals Einsparungen vorzunehmen“, sagt Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU). Jedoch verbleiben immer noch 19 Millionen Euro, die die Stadt heuer an neuen Darlehen aufnehmen muss. Und die Aussichten für die Zukunft werden nicht rosiger. So erklärte der künftige Kämmerer Thomas Klöpf: Bis mindestens 2025 fressen die Kredittilgungen den Spielraum der Stadt für neue Investitionen auf. Kurz: Für neue Projekte ist bis dahin kein Geld da. „Das ist die Realität“, sagte Klöpf und verwies auf den Schuldenberg, der bis in drei Jahren auf über 90 Millionen Euro anwachsen wird.

Zu tun hat das vor allem mit drei Großprojekten: der Sanierung und Erweiterung der Grund- und Mittelschule (bis zu 60 Millionen Euro) sowie dem Bau zweier Kitas. „Gefühlt ist mir das zu teuer“, sagte Christine Fröhlich (Freie Wähler) und forderte, man müsse auch mal den Mut haben, bei zu aufgeblähten Projekten einen Schritt zurückzugehen. Eichstetter entgegnete jedoch sichtlich genervt: „Es ist nicht der Zeitpunkt, um zu sagen, wir stoppen das jetzt.“ Die Verwaltung sei dabei, mögliche Einsparungen an dem Mega-Projekt zu prüfen. Etwa bei den Dimensionen der geplanten Tiefgarage. Hierbei könnte es auch Unterstützung vom Landkreis geben. Der Rathaus-Chef betonte, allein im Zeitraum von 2016 bis April 2020, also vor seinem Amtsantritt, seien Projekte mit einem Volumen von 120 Millionen Euro beschlossen worden. „Die gilt es nun zu sortieren, zu streichen und neu zu priorisieren.“

Auf seinen Auftrag hin hat die Verwaltung in den vergangenen Monaten übrigens „Wirtschaftshistorik“ betrieben, um weitere Ursachen für die Finanzmisere der Stadt aufzuspüren.

„Es ist jetzt aber nicht die Zeit des Jammerns“, betont Eichstetter. Stattdessen wolle er die finanzielle Situation der Stadt in den kommenden Jahren in den Griff bekommen.

Wie das gehen könnte, deutete der scheidende Hauptamtsleiter Peter Hartl an. Er sprach die Veräußerung von Ersatzdeckungsmitteln an. Das ist Verwaltungsdeutsch und bedeutet nichts anderes als den Verkauf des Tafelsilbers. Die Stadt besitzt derzeit rund 70 Immobilien sowie rund 800 Hektar Land. „Sie müssen sich die Frage stellen, ob wir uns diesen Bestand noch leisten können“, sagte Hartl.

Ein Anfang soll mit dem Verkauf des Alten Landratsamts gemacht werden. Hier hakte Niko Schulte (Füssen-Land) ein und verwies erneut darauf, dafür gebe es noch keinen Stadtratsbeschluss. „Wir haben aber den Segen, eine Ausschreibung auf den Weg zu bringen“, erwiderte Hartl. Er halte den anvisierten Verkaufserlös von 6,5 Millionen Euro zudem für ziemlich realistisch. „Aber der Kern unserer Probleme liegt doch ganz woanders, nämlich im Verwaltungshaushalt“, sagte Schulte. Da wollte ihm keiner widersprechen. Jedoch sei es „politisch viel schwieriger“ und auch „schmerzhafter“ dort Einschnitte vorzunehmen, sagten Hartl und Klöpf. Schulte hatte unter anderem auf den Kulturetat verwiesen und angekündigt, man müsse ab sofort hart an möglichen Einsparungen arbeiten.

Wie es jetzt weitergeht? Am 29. März soll der Stadtrat die Haushaltssatzung beschließen. Eine Entscheidungstendenz der Fraktionen ist schwer auszumachen. Die Freien Wähler hatten beklagt, Zahlen für eine Meinungsbildung zu spät erhalten zu haben. Die SPD stimmte bereits im Vorjahr gegen den Haushalt. Zustimmung für das Budget für 2022 kommt dagegen von der CSU. Aber wie dem auch sei. Klar ist: Es pressiert. Bald-Kämmerer Klöpf sagt: „Die Axt ist schon am Baum.“ Könne die Stadt Kassenkredite zur Überbrückung nicht bald durch reguläre Darlehen ablösen, drohe die Zahlungsunfähigkeit. Verhindern kann das nur ein möglichst schnell beschlossener neuer Haushalt.

Die Finanzmisere der Stadt

  • Parkplätze: Allein durch den Betrieb ihrer Parkplätze erwirtschaftete die Stadt Füssen im Zeitraum von 2005 bis 2021 ein Defizit von 6,4 Millionen Euro.
  • Das Kurhaus-Desaster schlägt mit 13,9 Millionen Euro an Verlusten zu Buche. 2005 abgerissen und inzwischen mit Wohnungen bebaut, kam das Projekt die Stadt sehr teuer zu stehen. Grund dafür ist auch ein Schweizer-Franken-Darlehen, das sich als sehr schlechter Deal erwies.
  • AltesLandratsamt: Allein im Zeitraum von 2010 bis 2021 hat die Stadt 660.000 Euro an Verlusten zu tragen. Auch deshalb soll das Gebäude verkauft werden.
  • Projekte,für die auf Fördermittel verzichtet wurde: Unter anderem die Fußgängerzone (Baukosten 2,6 Millionen Mark), der Bau von Kreiseln in der Luitpold- und Ottostraße, der Bau des Hochbehälters in der Ziegelwies, der Bau der damaligen Kläranlage in Füssen-West und noch viele mehr.

Bericht: Benedikt Siegert, AZ Füssen

Wir danken der AZ Füssen für die freundliche Überlassung des Beitrages.