Mehr als nur ein paar Euro muss die Stadt Füssen in den nächsten Jahren einsparen, um ihre hohe Schuldenlast aus der Vergangenheit zu bewältigen.

Stadtrat bringt in Mammutsitzung mit 120 Einzelbeschlüssen Konzept zum Schuldenabbau auf den Weg. Der Rotstift wird dabei in vielen Bereichen angesetzt. An anderen Stellen wird aber auch noch investiert.

Kräftig den Rotstift angesetzt hat der Füssener Stadtrat bei den Ausgaben der kommenden Jahre. Projekte für um die 19 Millionen Euro wurden im Vermögenshaushalt und dem Bauprogramm der Stadt auf Eis gelegt. Im Verwaltungshaushalt kommt durch viele kleine Brocken (siehe Infokasten) eine weitere Million dazu. Weitere 11,4 Millionen Euro rechnet Bürgermeister Maximilian Eichstetter mit ein, weil dem Steuerzahler Förderungen für die nicht umgesetzten Projekte erspart blieben. So kommt er auf 30 Millionen Euro, die kurz- und mittelfristig geschoben, gespart oder gestrichen wurden.

„Das dürfte bayernweit der härteste Sparkurs der Geschichte in einer Kleinstadt sein“, sagte das Stadtoberhaupt. An die 120 Einzelbeschlüsse verabschiedete der Stadtrat dafür weitgehend einstimmig. Damit soll der Forderung des Landratsamts als Rechtsaufsichtsbehörde nach einem tragfähigen Haushaltskonsolidierungskonzept Rechnung getragen und der über die Jahre aufgelaufene Schuldenberg von 60 Millionen Euro bearbeitet werden. Um diesen zu bewältigen, müssen außerdem Stabilitätshilfen beim Freistaat beantragt werden.

Ziel des Haushaltskonsolidierungskonzepts sind Ausgabenminderung, Einnahmensteigerung, stetiger und konsequenter Schuldenabbau sowie der Abbau von Defiziten bei öffentlichen Einrichtungen. Erzielte Veräußerungserlöse und erwirtschaftete Überschüsse sollen vorrangig zur Schuldentilgung verwendet werden.

Verzicht auf Wohnanlage

Der größte Brocken mit 7 Millionen Euro wird eingespart, indem auf den Neubau bei der Wohnanlage in der Ziegelwiesstraße verzichtet wird. Dort sollen nur das bestehende Gebäude nachverdichtet und sechs neue Wohnungen angebaut werden. Um den Neubau zu realisieren, will die Stadt versuchen, ein Sozialbauunternehmen wie das Siedlungswerk ins Boot zu holen.

Beim geplanten Neubau des Jugendhauses am Skatepark begrenzt der Stadtrat die Eigenmittel auf eine Million Euro, statt wie vorgesehen 3,5 Millionen auszugeben. Auch soll zunächst über den Sommer ein Container am neuen Standort aufgestellt werden, um die Akzeptanz zu testen. Es soll zudem versucht werden, Fördergelder zu generieren.

Längere Diskussionen gab es bei der Streichung eines Neubaus für die Kindertagesstätte der Lebenshilfe Ostallgäu. Derzeit werden die Kinder in Containern auf dem Gelände der Wertachtal Werkstätten betreut. Dafür erlischt laut Hauptamtsleiter Peter Hartl aber die Betriebserlaubnis. Alternativen für die 28 Kinder dort gibt es nicht. Markus Gemeiner, bei der Stadt für die Kindergärten zuständig, schlug vor, aufgrund der Haushaltssituation bei der Aufsichtsbehörde um eine Verlängerung der Betriebserlaubnis zu bitten. Der Beschluss wurde verschoben, auch bis genauere Bedarfszahlen vorliegen.

Gestrichen wurde die Wohnanlage in der Floßergasse 22. Einsparung: 3,7 Millionen Euro. Laut Ilona Deckwerth (SPD) und Dr. Christoph Böhm (CSU) war dieses Projekt ohnehin nicht umsetzbar. Allerdings besitze die Stadt jetzt das Grundstück und es gelte zu überlegen, was damit passiert.

3,5 Millionen Euro spart sich die Stadt ein, indem sie auf den Grunderwerb zum Bau von bezahlbarem Wohnraum von der „Suiter-Stiftung“ verzichtet. Geschoben auf mindestens 2026 wird der An- und Umbau des Hopfener Feuerwehrhauses. Einsparung 1,1 Millionen Euro. Niko Schulte (Füssen-Land) plädierte aber dafür, zumindest die Planungen weiterlaufen zu lassen.

Kein Bahnhalt und kein Radweg

725.000 Euro weniger Ausgaben hat die Stadt, weil sie den Bau des Lechufer-Radwegs aufschiebt. 260.000 Euro bringt der Verzicht auf die Lärmschutzwand am Freizeitpark Weidach. Nicht saniert werden die Weidach-Turnhalle (Einsparung: 125.000 Euro) und der Bauhof (1 Million Euro). Geschoben werden zudem unter anderem der Bahnhalt Füssen-West (225.000 Euro), das Lichtkonzept für die Innenstadt (300.000 Euro), zusätzliche Fahrradstellplätze (100.000 Euro), der barrierefreie Ausbau des Bundesstützpunkts (400.000 Euro), die Buscaps (640.000 Euro) und das digitale Parkleitsystem (650.000 Euro), auch wenn es wichtig sei.

Trotz der Einsparungen herrscht in Füssen kein Stillstand. Umgesetzt wird zum Beispiel die Sanierung der Grund- und Mittelschule. Das erste Ausschreibungspaket läuft diese Woche an. Baubeginn ist im Sommer 2022 angedacht. Bei kommenden Ausschreibungen soll geprüft werden, welche Einsparungen möglich sind. Deutlich machte Eichstetter, dass die Stadt mit einer Sanierung fördertechnisch besser wegkommt. Hier läge der Eigenanteil bei 19 Millionen Euro. Bei einem Neubau wären es 40 Millionen.

Umgesetzt werden unter anderem auch wie geplant der Neubau der Kindertagesstätte St. Gabriel, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Weidach-Nord und Pitzfeld, die Sanierung städtischer Liegenschaften, die Parkplatzerweiterung und der Radwegebau in Hopfen, der Breitbandausbau und der Bau des Zentralen Omnibusbahnhofes. Dabei wird allerdings zunächst auf die Umgestaltung des Freyberg-Parks verzichtet.

Die Einsparungen im Verwaltungshaushalt

Für die Haushaltskonsolidierung musste die Stadt alle Posten im Verwaltungshaushalt unter die Lupe nehmen – darunter freiwillige Leistungen wie Vereinszuschüsse. Die Entscheidungen hat man sich laut Bürgermeister Eichstetter nicht leicht gemacht. Verzichten bzw. kürzen wird die Stadt künftig unter anderem folgendes:

Sitzungsgelder des Stadtrats: Monatspauschale von 40 auf 20 Euro. Bringt im Jahr 12.000 Euro.

Abschaffung des Blickpunkts Rathaus: 6000 Euro im Jahr

Amtliche Bekanntgaben: Ausgaben von 11.000 auf 2000 bis 3000 Euro reduzieren durch Verzicht auf Zeitungsanzeigen. Veröffentlichung nur noch auf Anschlagtafeln und online.

Neubürger nicht mehr extra, sondern bei Vereinetag begrüßen, an dem sich Vereine vorstellen können.

Zuschuss für Feuerwehrvereine statt 2000 Euro, 500 für Füssen und je 250 für Hopfen und Weißensee. Ausgaben für den Betrieb der Feuerwehren sind davon nicht betroffen.

Preisstruktur im Bundesstützpunkt soll angepasst werden. Eine höhere Eismiete für den EVF soll aber nicht die Jugendteams betreffen.

Der Bundesstützpunkt soll nach Corona wieder stärker als Veranstaltungsstätte genutzt werden.

Die Zuschüsse an Vereine sollen von 40.000 auf 20.000 Euro reduziert werden.

Die Bibliotheksgebühren und die Eintrittspreise für städtische Museen werden erhöht.

Es soll geprüft werden, inwieweit die Personalkosten bei der Kinderbetreuung gesenkt werden können. Der einzige städtische Kindergarten in Hopfen soll eventuell an einen anderen Träger übergeben werden.

Im gesamten Stadtgebiet soll geprüft werden, wo die Straßenbeleuchtung reduziert werden kann.

Beim Winterdienst sollen geeignete Strecken nicht mehr so intensiv geräumt und gestreut werden, wie bisher. Diesen Winter sollen erste Testläufe erfolgen.

Über den Verkauf des alten Landratsamtes soll nachgedacht werden.

Nicht erhöht werden sollen Grund- und Gewerbesteuer , weil Füssen hier ohnehin schon einen der höchsten Sätze hat.

Bericht: Alexandra Decker, AZ Füssen
Foto: Benedikt Siegert, AZ Füssen