Künftig sollen die Radler am Hopfensee auf einem eigenen Weg fahren können. Allerdings sind die Kosten für das Gesamtprojekt inzwischen massiv gestiegen – sie liegen bei über vier Millionen Euro.

Kosten für das Gesamtprojekt liegen inzwischen bei über vier Millionen Euro. Warum der Füssener Stadtrat trotz leerer Kassen die Planungen dafür zu einem Abschluss bringen will.

In den Vereinigten Staaten ist vom Government Shutdown die Rede. Dieser Fall tritt ein, wenn Behörden und Verwaltung ihre Tätigkeit zu großen Teilen einstellen und nur noch die unerlässlichsten Aufgaben erledigen. 35 Tage lang dauerte dieser Ausnahmezustand zuletzt während der Amtszeit von Präsident Donald Trump. Warum das hier erklärt wird? Ganz einfach: Weil auch in Füssen ein ähnliches Szenario droht. Die Stadt befindet sich nämlich seit über einem Jahr in einer sogenannten haushaltslosen Zeit. Grund: Das Landratsamt Ostallgäu hat das Füssener Budget für das Jahr 2021 nicht genehmigt. Die entsprechende Haushaltssatzung ist also nie in Kraft getreten. Das heißt: Im Moment kann die Stadt nur die allernotwendigsten Aufgaben erledigen. „Wir sind eigentlich nicht handlungsfähig“, sagte Hauptamtsleiter Peter Hartl jetzt im Stadtrat. Derzeit halte sich die Kommune mit teuren Kassenkrediten über Wasser, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Um eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, musste die Verwaltung sogar schon mit einem Kredit ihrem Tochterunternehmen, den Stadtwerken, beispringen.

Kein Wunder, dass nun aufs Tempo gedrückt werden soll, um zumindest 2022 wieder einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Dass dies aber einer Herkulesaufgabe gleichkommen dürfte, wollten weder Hartl noch der künftige Stadtkämmerer Thomas Klöpf verschweigen: „Wir rechnen mit einer Finanzierungslücke von 15 Millionen Euro – Stand heute.“

Und genau das könnte wieder zum Knackpunkt werden. Denn das Landratsamt hatte die Stadt wiederholt aufgefordert, die Kreditaufnahme auf das absolut notwendigste zu beschränken. Ob das jedoch mit dem diesjährigen Haushaltsentwurf gelingt, erscheint fraglich. Erstmals standen jetzt nämlich Vorentwürfe im Stadtrat zur Debatte. Sie sehen eine Neuverschuldung von 18 Millionen Euro vor. Und das obwohl bereits mit Einnahmen in Höhe von 6,5 Millionen Euro für den Verkauf des Alten Landratsamts kalkuliert wurde. Eine Sache, in der noch politischer Sprengstoff stecken könnte. Denn für eine Veräußerung der Immobilie gibt es noch keinen Stadtratsbeschluss. Christine Fröhlich (Freie Wähler) bezeichnete es daher als eine „rechnerische Augenwischerei“, von solchen Einnahmen durch ein hypothetisches Geschäft auszugehen.

Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU) entgegnete, es würde bereits Interessenten für die Immobilie geben. „Wenn wir den Betrag stattdessen weglassen, fehlen halt weitere 6,5 Millionen Euro im Haushalt“, sagte der Rathaus-Chef.

Der scheidende Hauptamtsleiter Hartl hatte zuvor einen dringenden Appell an die Stadtratsmitglieder gerichtet: „Sie müssen sich fragen, ob die Stadt sich noch alle Liegenschaften leisten kann.“ Diese Diskussion sei auch nach dem möglichen Verkauf des alten Landratsamts nicht vorbei. „Ich kann das jetzt sagen, ich hab nichts mehr zu verlieren“, sagte Hartl und spielte damit auf seinen bevorstehenden Wechsel in die Verwaltungsgemeinschaft Seeg an. Fröhlich nahm diesen Appell auf, bezweifelte aber, dass das Landratsamt mit dem Haushaltsentwurf zufrieden sein wird. „Das sieht doch genauso schlimm aus wie letztes Jahr.“

Von der Verwaltung hieß es dazu nur, dass auch niemand behauptet habe, das Zahlenwerk würde genauso durchgehen. „Womöglich müssen wir noch in uns gehen und ein paar Projekte streichen“, sagte Bürgermeister Eichstetter.

Womöglich könnte dies zum Beispiel die Arbeiten in der Bahnhofstraße und am Luitpoldkreisel betreffen. „Die Kosten laufen uns hier regelrecht davon“, sagte Hartl und verwies auf eine Preissteigerung von ursprünglich 2,5 auf inzwischen 3,7 Millionen Euro. Mit den Fördergebern müsse nun nachverhandelt werden, ob sie bei dieser Verteuerung mitmachen.

Zu einem Verzicht auf das Radweg-Projekt am Hopfensee drängten dagegen Ilona Deckwerth (SPD) und Fröhlich. Sie bezeichneten es als „Luxusvorhaben“, das sich die Stadt nicht leisten könne.

Wie es jetzt weitergeht? Bis zum März soll der Haushalt 2022 stehen, so wünscht sich das zumindest die Verwaltung. Bis dahin wird die Füssener Variante des Government Shutdowns weitergehen. Als unfreiwillige Komik wirkte es am Mittwoch angesichts der im Raum stehenden Millionenbeträge übrigens, dass die Stadt auch über den Verkauf ihrer Modelleisenbahn nachdenkt. Die Mutter der Haase-Brüder hatte sie in den 90ern der Stadt geschenkt.

Eckpunkte des Haushalts

„Ja, es ist schlimm, aber keiner kann sagen, er hat nichts davon gewusst.“ So kommentierte Bürgermeister Maximilian Eichstetter den ersten Haushaltsentwurf. Denn zur Wahrheit gehöre: Viele der Entscheidungen mit großen finanziellen Auswirkungen seien bereits vor seiner Amtszeit in den Jahren von 2017 bis 2019 gefallen. Eichstetter verwies nochmals auf ein Konsolidierungspaket, das der Stadtrat bereits im Dezember 2021 auf den Weg gebracht hatte und das Einsparungen von 30 Millionen Euro umfasst. „Wir müssen jetzt schauen, wie wir sukzessive von den Schulden runterkommen“, sagte Eichstetter. Er verwies aber auch auf Mega-Projekte, die zu den Pflichtaufgaben zählen, wie die Sanierung der Grund- und Mittelschule, für die al-lein 2022 sieben Millionen Euro fällig werden. Oder die Kita-Projekte mit den Wertachtal-Werkstätten und der Kirche (St. Gabriel). Im letzteren Fall betragen die geplanten Kosten inzwischen bereits über zehn Millionen Euro.

Bericht & Foto: Benedikt Siegert, AZ Füssen

Wir danken der AZ Füssen für die freundliche Überlassung des Beitrages.